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12.12.2018

Nachruf auf Robert Spaemann

Der bedeutende Philosoph und Ethiker Prof. Robert Spaemann (geb. 1927 in Berlin) ist am 10. Dezember 2018 in  Stuttgart nach langer Krankheit verstorben. Schon als Schüler zeigte er mit einer Hitler-Karikatur klares eigenes Denken, Mut und Widerspruchsgeist. Er studierte Philosophie, Geschichte, Theologie und Romanistik an den Universitäten Münster, München, Fribourg (Schweiz) und Paris.

Als international renommierter Professor für Philosophie erhielt er vier Ehrendoktorate. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Das Verhältnis von Naturwissenschaft, Philosophie und Glauben fand stets sein besonderes Interesse. Er hat die wachsende Bedeutung der Ökologie und neuer bioethischer Herausforderungen früher und deutlicher als andere erkannt und sie kritisch und aufmerksam als Philosoph und Christ begleitet und damit Orientierung gegeben.

In vielen Veröffentlichungen setzte sich Spaemann für den Schutz des menschlichen Lebens von seinem Beginn bis zum natürlichen Tod ein. Unter anderem in seinem Hauptwerk "Personen" arbeitete er die unmittelbare und unaufkündbare Beziehung von Person und Menschwürde heraus und wies ebenso begründet wie kategorisch jede Relativierung menschlichen Lebens zurück. Auch jeder Embryo gehöre ab der Zeugung zur Spezies Mensch, als Person und nicht als Sache, müsse somit immer als Subjekt und nicht als bloßes Objekt betrachtet oder behandelt werden, unabhängig von Alter und Gesundheit.

Auf Basis der ethischen Grundnorm "Es gibt kein gutes Töten." kritisierte er ausdrücklich Tendenzen zur Freigabe der Tötung auf Verlangen und zur Liberalisierung der Sterbehilfe. Die Auseinandersetzungen um die Relativierung der Menschenrechte durch Abtreibung, Eugenik oder Euthanasie führte er frühzeitig und mit großer Entschlossenheit. Seine fundamentale Begründung der Menschenwürde im Sein des Menschen fand in der öffentlichen und wissenschaftlichen Debatte weite Aufmerksamkeit und Zustimmung, aber ebenso auch vehementen Widerspruch. Als brillanter philosophischer Vordenker und ethischer Leuchtturm, der christliches Denken beeindruckend und überzeugend in die Herausforderungen der Gegenwart zu übersetzen wusste, hat er bis zuletzt mit seinen Argumentationen einen prägenden Einfluss auf die großen bioethischen Debatten unserer Zeit ausgeübt. Seine Werke sind von bleibendem Orientierungswert, vor allem für Christen, die die Relativierung und den schrittweisen Abschied von unveräußerlichen Rechten und Pflichten jedes Menschen nicht teilen.

So präzise, scharf und dezidiert er in seinen intellektuellen theoretischen Argumentationen war, so respektvoll, liebenswürdig, selbstlos und gesprächsbereit zeigte er sich mit seiner Persönlichkeit in persönlichen Begegnungen. Wir trauern um einen großen christlichen Philosophen und Denker und um einen beindruckenden, großherzigen Menschen, der nie gleichgültig oder resigniert war oder wurde. Robert Spaemann hat mit seinem Werk und seinem Leben gezeigt, wie stark christliches Denken einen intellektuellen Gegenentwurf zum Zeitgeist entfalten kann, wenn es von einer reflektierten und überzeugenden Persönlichkeit getragen wird.

Die Lebensrechtsbewegung in Deutschland hat ihm unendlich viele Anstöße und Ermutigungen zu verdanken. Er hat stets den Mut gehabt, den Grundfragen menschlicher Existenz konsequent nachzuspüren und das unbedingte Lebensrecht des Menschen zu verteidigen.

Mechthild Löhr, Mitglied des BVL-Vorstands